Psychologische Beratung, NARM® Practitioner, Traumaarbeit

Was bedeutet Trauma und welche Varianten gibt es?

Vielen Menschen ist die Tragweite von Traumata und deren Bedeutung nicht bewusst. Das hängt damit zusammen, dass das Wissen um die Existenz, die wissenschaftlichen Zusammenhänge von Trauma und Psyche noch nicht so lange bekannt sind. Circa 30 Jahre in Amerika und hier in Deutschland seit circa 15-20 Jahre.

Die Menschen die Hilfe suchen, denen ist oft nicht klar um was es geht. Das ist wie ein blinder Fleck und es erscheint immer einfacher zu sein etwas im Außen zu verändern oder gar nichts.


Die beiden Varianten von Trauma sind erstens die so genannten Schocktrauma. Damit können die meisten Menschen etwas anfangen.

 Zweitens die so genannten Bindungstrauma / Entwicklungstrauma.


Schocktrauma können entstehen in Kriegen, bei Verkehrsunfällen, Naturkatastrophen, bei allen schockierenden punktuellen Ereignissen.


Bindungstrauma und Entwicklungstrauma gibt es in vielen Varianten und Abstufungen. Sie entstehen in der ersten Phase unseres Lebens, also in den ersten Lebensjahren. Man erkennt sie zum Beispiel an diversen wiederkehrenden Problemen in den verschiedensten Bereichen, Depressionen, Unfällen, Beziehungsproblemen oder bestimmten Krankheiten.


Jetzt gehe ich erst einmal näher auf das Schocktrauma ein.

 Da ist es so, dass das Trauma nicht "das Ereignis" ist. Denn bei einem Menschen entsteht ein Trauma, bei einem anderen nicht. Das ist nicht vorhersehbar. Das Trauma entsteht erst dann, wenn unser Organismus aus der anfänglichen Schockreaktion nicht herauskommt und in der Folge unser Körper anfängt Symptome zu produzieren.

Beispiel: Ein Mensch erlebt ein punktuelles Schockereignis. Er kommt nach Hause und kann sein erleben erzählen. Den nächsten Tag ist es für ihn noch etwas komisch und den übernächsten Tag ist wieder alles normal.
Ein anderer Mensch erlebt dasselbe Schockereignis. Er kommt nach Hause und kann nicht sprechen. Die nächsten Tage verfällt er immer mehr in Depression und dann entwickelt sein Körper Traumafolge Symptome.

Ob ein Mensch Symptome entwickelt oder nicht hängt mit der individuellen Körperbiologie zusammen. Das Schockerlebnis kann so massiv sein, dass der Körper allein nicht wieder herauskommt. Das Erlebnis bedeutet eine massive körperliche Aktivität für Kampf oder Flucht, die nicht ausgeführt werden kann. 

Eine Schocksituation hat immer 2 Komponenten. Einmal Lebensgefahr und Gefahr oder Ohnmacht und Gefahr. Das führt dazu, dass die Antriebs Energie, die der Körper bereitstellt, für Kampf oder Flucht, nicht umgesetzt werden kann, weil wir eingeklemmt sind, uns nicht wehren können, es gibt einen übermächtigen Gegner.

 Dann kommen diese 2 Komponenten zusammen, aber der Körper kann nichts machen, dass ist ungefähr so als wenn Gas und Bremse bei einem Sportwagen gleichzeitig getreten werden. Irgendwann raucht der Motor und so raucht dann bei uns unser Autonomes Nervensystem. Unsere Autonomes Nervensystem ist nicht dafür gemacht. Findet also unser Körper allein nicht mehr heraus treten zwangsläufig früher oder später Traumafolge Symptome auf. Das wird dann Traumafolgestörung genannt.


Womit wir es aber am meisten zu tun haben, sind die sogenannten Bindungstrauma und Entwicklungstrauma. Oft auch beide Trauma Arten in Verbindung. Bindungstrauma / Entwicklungstrauma können ursächlich Schocktrauma begünstigen.


Wenn wir nochmal das Beispiel Schocktrauma nehmen. Gehen wir einmal von einem gesunden Erwachsenen aus, da schlägt dann dieses eine Ereignis in ein gesundes, stabiles autonomes Nervensystem ein, wie wenn ein Blitz in ein stabiles Gebäude einschlägt, dass hat Folgen, aber das Gebäude bleibt stehen, da passiert sonst nichts und der Therapeut muss dann nur dem jenigen helfen diese Ladung, die sich festgesetzt hat, loszulassen. Reine Körperarbeit mit einem stabilen Nervensystem, wo es aber ein stabiles Fundament gibt.

Bei Bindungs-und Entwicklungstrauma sieht das ganz anders aus. In der Wachstumsphase des Kindes, die ersten Lebensmonate und Jahre, da passieren Dinge, die das autonome Nervensystem und die Psyche dazu bringen, dass sie sich nicht stabil entwickeln können. Das stabile Gebäude entsteht erst gar nicht. Wir haben da einen totalen, krummen und schiefen Bau, ohne eine solide Basis, der sich gerade so halten kann, wo immer wieder etwas nachgebessert werden muss. Auch da gilt, dass unser Autonomes Nervensystem dafür nicht ausgelegt ist.

Also bei Bindungs-und Entwicklungstrauma entsteht erst gar kein gesunder stabiler erwachsener Mensch. 

Wir rotieren die gesamte Lebenszeit mit dem unaufgelösten Stress aus der Kindheit. Das merkt man als Erwachsener gar nicht, weil wir nichts anderes kennen und der Stress, die innere Not im Unbewussten stattfindet. Wir haben keinen Kontext dafür. 

Ein kleines Kind hat überhaupt keinen Bezug dazu, was mit ihm passiert. Es kann nichts an der Situation oder an den Umständen, in die es hinein geboren wird, ändern. Wir leiden dann als Erwachsener, haben dadurch überhaupt keinen Bezugsrahmen. Wir verstehen auch nicht was mit uns los ist, das sagt uns auch niemand, weil es bisher noch nicht so viele Menschen gibt, die sich mit Trauma auskennen und die in der Lage sind es zu erkennen. Es werden allerdings immer mehr, wie anfangs schon erwähnt, die Trauma Forschung gibt es noch nicht so lange. Und erst wenn uns jemand sagt, was das ist, warum wir leiden, wo das herkommt, erst dann haben wir einen Bezugsrahmen. Vorher bekommen wir es nicht zugeordnet.
Beispiel: wenn ich Durst habe, dann ist es ganz klar, der Körper braucht Wasser, das weiß ich, ich weiß, wo es das gibt, und kann es mir besorgen. Das gleiche gilt für Hunger oder Kälte etc. Ich weiß, worum es geht.


Bei Bindungstrauma / Entwicklungstrauma ist das nicht der Fall. Man leidet, mal mehr mal weniger und weiß nicht, woher das kommt. Man kennt die Lösung nicht und das ist irgendwie auch gut, denn sonst würde man das Fühlen und der Konflikt in uns, das wäre nicht zum Aushalten. 

Das ist die Notlösung (Abspaltung) als Kind. Wenn ich als Kind destruktive Beziehungsmuster von den Eltern erfahre, zeitweise und auch manchmal dauerhaft, dann ist das eine Situation, die für ein Kind unlösbar ist. 

Das sind zum Beispiel Beziehungsmuster, wenn ein Kind in seine Aggression kommt und sich abgrenzen will und die Eltern, wenn die selbst ihre Aggressionen unterdrücken mussten, dann haben die Eltern ein Problem damit und werden bewusst oder unbewusst (meistens unbewusst), dass in die Kraft kommende Kind unterdrücken. Sie können das nicht aushalten. Und das geht für den Organismus des Kindes nicht, denn der muss ja irgendwo hin mit dieser Energie, denn die ist ja nicht umsonst da. Das Kind ist also jetzt in einer unlösbaren Situation, in einem Dilemma. Es braucht die Bindung zu den Eltern, darf sich aber nicht komplett ausdrücken, da gibt es dann nur Notlösungen und eine Notlösung wäre dann, dass das Kind diese Aggression gegen sich richtet. Es fängt an Nägel zu kauen oder Unfälle häufen sich, später Drogen (generell Süchte) oder in die Depression gehen. 


Das sind nur ein paar Varianten, es gibt viele Varianten, wie so eine Notlösung aussieht. Da das Ganze in der Wachstumsphase passiert, da wo unser autonomes Nervensystem programmiert wird und da das autonome Nervensystem plastisch ist, formt sich das dann so nach unseren Beziehungserfahrungen in den ersten Lebensjahren. Der Mensch hat das dann fest verknüpft im Kopf. Er hat diese traumatisierende Umgebung quasi fest verknüpft im Kopf und so erlebt und nimmt er als Erwachsener dann auch sein Leben wahr. Das ist das schwierige daran. Weil wir glauben, dass das dann so ist wie es ist. Wir verstehen häufig auch nicht, warum andere Menschen so anders sind, oder anders reagieren oder mit Problemen umgehen. Sie haben andere destruktive Beziehungserfahrungen, oder weniger destruktive gemacht.


 Das schwierige daran ist, dass dann das gesamte Gebäude von Grund auf aufgebaut werden muss. Nicht so wie bei einem Schocktrauma, wo es nur mit einem Blitzeinschlag fertig werden muss. Das stabile Gebäude gab es noch nie. Da ist es schon eine Herausforderung zu erkennen, worum es eigentlich geht. Man kann, wenn man sich eingehend mit Bindungstrauma/Entwicklungstrauma beschäftigt, erkennen worum es geht. Nur man muss erst einmal wissen, dass es das gibt.

 Sich selbst daraus befreien geht nicht. Es braucht immer jemanden der außerhalb dieses Trauma Kontextes ist.


Wie erkenne ich das ich betroffen bin?
Wenn man jetzt immer wieder dieselben Situationen im Leben erlebt, zu wenig Geld, keine dauerhaften glücklichen Beziehungen, keine Beziehungen, Wochenendbeziehungen, Probleme jeglicher Art aus dem Arbeitskontext, mit Kollegen, mit Nachbarn, etc, also immer wieder problematische Situationen im Außen, man kann es im Außen gut erkennen, denn das kommt nicht einfach nur so im Außen. Mein inneres (das Autonome Nervensystem und meine Psyche) sind immer ein Spiegel des äußeren Lebens. Also ich verstehe das nicht und leide mehr oder weniger an diesen Umständen, es ist aber in jedem Fall so wenn auf der Beziehungsebene etwas nicht funktioniert, ich keine nährenden langfristigen Beziehungen aushalte, da ist auf jeden Fall eine Bindungsstörung dahinter. Wenn es so weit geht, dass ich schon beim Kontakt mit einem Menschen Probleme habe, also keine Beziehung, dann kann man auf jeden Fall sagen, dass es da um Bindungstrauma/Entwicklungstrauma geht.


Also immer da wo es scheinbar unlösbare Probleme gibt, wo ich leide oder unzufrieden bin und ich nicht verstehe wieso. Das ist auch eine Herausforderung, sich das einzugestehen, dass es an mir liegen könnte, dass da Probleme sind. 

Denn es wird auch ein Selbstbild geprägt, wenn ich zum Beispiel als Kind in eine demütige Situation gebracht werde, kann daraus in der Wachstumsphase, einfach um stabil zu bleiben, ein stolz basiertes Selbstbild entstehen wie: ich kann alles, mir kann keiner was, ich brauche niemanden, nur ich bin richtig und gut ich sehe das Problem nur bei Anderen. Wenn man mit diesem Selbstbild lebt, möchte man nicht erkennen, dass es an mir liegt, dass es da Probleme im Außen gibt. Das würde das Selbstbild in Gefahr bringen und das macht die ganze Sache eben schwierig.


Es braucht auch nicht unbedingt diese dramatischen Sachen für ein Entwicklungstrauma. Es reicht einfach emotionale Vernachlässigung als Kind zu erfahren. Allein das reicht aus. Weil wir brauchen das einfach als Kind, wir brauchen diesen emotionalen Austausch, die Regulation der Mutter, einer psychisch gesunden Mutter, die das aushält. 

 Wenn es dann auch keine relativ gesunden Menschen um das Elternhaus herum gab oder gibt, die das etwas ausgleichen konnten, wenn es keine emotionale Bindung gegeben hat, ist das teilweise viel schwieriger zu bewältigen, als z.B. einschlägige Gewalterfahrungen. 

Viele Menschen sagen dann, da war nichts bei uns, es gab keine Gewalt, ja da war auch sonst gar nichts. Aber wir brauchen was, wir brauchen diesen gesunden emotionalen Austausch, wir brauchen Kontakt und Bindung.


 Und dann denken wir, dass dieses Wort Trauma nicht dazu zu passen scheint, aber ein Kind emotional zu vernachlässigen, ist wie es überhaupt nicht leben zu lassen. Das Kind muss sich emotional innerlich töten, um zu überleben und das ist nicht überspitzt ausgedrückt. Und dann leben wir in dieser innerlichen Not. Wir als Erwachsene leben mit dieser innerlichen Not und agieren mit allen möglichen Verhaltensweisen, um diese Not nicht zu spüren.
Keiner von uns ist innerlich Erwachsen geworden. Wir haben alle auf die eine oder andere Art und Weise zu tun mit diesem verlorenen Kind in uns. Wir haben erwachsene Körper, sind aber auf der Bindungsebene nicht erwachsen geworden.

Erwachsen sein bedeutet, dass wir alles im Dialog besprechen, klären und regeln können. Wir brauchen nicht ausagieren. Streit, defensives Verhalten und Rückzug bedeutet ausagieren. Sobald wir auf Rückzug zurückgreifen, auf Angriff = Streit oder auf Totstellen = Ignorieren oder Manipulation, laufen Notprogramme in uns und das hat mit Entwicklungstrauma zu tun.


Die Auflösung:
Das, was wir als Kind nicht bekommen haben, können wir nicht nachholen. Es gibt da den Begriff des nach Nährens, doch das ist vorbei, wir können nichts nach Nähren. Wir brauchen das auch nicht mehr, da wir einen erwachsenen Körper haben. Wir könnten das auch gar nicht ertragen, wenn wir rund um die Uhr betreut würden.
Was wir können, ist nachreifen. Das unstabile Gebäude mit der nicht vorhanden Basis aufbauen. Emotional Nachreifen und auf das Ausagieren zu verzichten. Das funktioniert in einem sicheren therapeutischen Kontext, wo Trauma sensibel gearbeitet wird.
Und noch einmal der Hinweis, es geht nicht allein.